Die Meistersinger von Nürnberg gelten als die einzige Komödie aus der Feder Richard Wagners. Viel komödiantisches konnte ich im Stück nicht erkennen, sieht man von der Massenschlägerei ab, die auf mich aber nicht sehr lustig wirkte. Immerhin stirbt niemand und es will auch niemand sterben – im Gegenteil: Walther von Stolzing verliebt sich in Eva, die Tochter des Goldschmieds. Aber um sie zu bekommen muss er Meistersinger werden, denn die Hand Evas ist als Preis ausgesetzt für den Wettbewerb der Meistersinger zum Johannistag. Zum Glück erwartet niemand, dass Opern umgeschrieben werden müssen, da das Frauenbild nicht mehr in die heutige Zeit passt; es bliebe nicht viel, was noch aufgeführt werden könnte.
In der Frankfurter Oper hatten die Meistersinger von Nürnberg diese Saison Premiere – ich weiß auch nicht, wann das Werk zuletzt in Frankfurt aufgeführt wurde. Ich selbst habe es noch nie gesehen.
Etwas Sitzfleisch sollte man mitbringen. Die reine Oper dauert rund viereinhalb Stunden; der erste Akt rund anderthalb Stunden, der zweite Akt rund eine Stunde und der dritte Akt nochmals zwei Stunden. Im Wikipediaartikel zur Oper gibt es tatsächlich einen Abschnitt zur Dauer der Oper unter den verschiedenen Dirigenten. Leider endet die Statistik 1975 und so fehlt die Angabe, wie lange Sebastian Weigles Dirigat in Bayreuth dauerte. Jedenfalls war unser Generalmusikdirektor mit dem Werk sehr erfahren und dirigierte sie in seiner gewohnt ruhigen Art; das Frankfurter Opern- und Museumsorchester spielte wunderbar. Im Trailer zur Oper kommt Sebastian Weigle selbst zu Wort.
Natürlich hat Walther von Stolzing einen Gegenspieler: den Stadtschreiber Beckmesser, der sich der Hand von Eva schon sicher wähnt. Im ersten Akt nimmt er die Darbietung von Walther von Stolzing aufs Korn, der für die Erneuerung steht, während Beckmesser der Inbegriff des Alten und Regelkonformen ist. Der Schustermeister Hans Sachs ist die vermittelnde Rolle, der verstanden hat, das Altes erneuert werden muss, der aber auch darauf drängt, dass man das Alte nicht vergessen sollte. Im zweiten Akt nimmt Hans Sachs das Werk Beckmessers auseinander, der sich daraufhin in Unwissenheit das Lied Walthers aneignet. Und im dritten Akt kommt es, wie es kommen muss: Beckmesser ist nicht in der Lage, das ungewöhnliche und neue Lied zu interpretieren, dies gelingt nur Walter von Stolzing, der am Ende Meistersinger wird und so wohl auch Eva heiraten kann.
Die Frankfurter Inszenierung ist wieder einmal großartig! Man spielt mit Projektionen und einem halbdurchsichtigen Vorhang, auf den die komplexen Regeln der Meistersinger andeutungsweise geschrieben stehen. Auch die großen Stühle haben mir gefallen: die Meistersinger sitzen buchstäblich über dem gewöhnlichen Volk. Und im letzten Bild hat sich der Chor dann kostümiert und man konnte ganz viele unserer heutigen Meistersinger entdecken, z.B. Elton John, Kiss, Bob Marley, Heino und viele andere mehr. Das hat viel Spaß gemacht!
Beeindruckend sang Nicholas Brownlee als Hans Sachs, der von sich selbst sagte, dass er wohl einer der jüngsten Sänger in dieser Rolle sei. Auch fast alle übrigen Sängerinnen und Sänger waren ausgezeichnet. Lediglich AJ Glueckert als Walther konnte nicht ganz mithalten. Zwei der ursprünglichen Sänger konnten krankheitsbedingt leider nicht singen, aber wurden ausgezeichnet ersetzt.
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